Der Tag Bricht An by Robert Merle

Der Tag Bricht An by Robert Merle

Autor:Robert Merle [Merle, Robert]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman, History
ISBN: 9783351030155
Herausgeber: Aufbau-Verlag
veröffentlicht: 1985-01-01T23:00:00+00:00


»Moussu«, fragte Monsieur de La Surie, als ich ihm über die flammende Diatribe Antoine Arnaulds berichtet hatte, »wie verteidigten sich die Jesuiten?«

»Mit aller scheinheiligen Demut. Sie seien, sagten sie, doch bereit, dem König als ihrem natürlichen und legitimen Fürsten den Treueid zu leisten. Sie würden künftig die Reglements der Universität befolgen. Und sich auch nicht mehr in die öffentlichen Angelegenheiten einmischen.«

»Ach, die guten Apostel!«

»Was das Vergangene anbelange, sei es jedoch nicht gerecht, sagten sie, eine ganze Körperschaft wegen eines einzigen zu bestrafen.«

»Damit war Pater Varade gemeint?«

»Derselbe! Der, so sein Verteidiger, diesem Barrière doch gar nicht geraten habe, den König zu töten.«

»Ach!« meinte Miroul, »und warum hat besagter Varade den König dann nicht vor Barrières blutigem Plan gewarnt?«

»Die Begründung ist hübsch: Weil Pater Varade nach Barrières Gesicht, Blicken, Gesten und Worten zu dem Urteil gelangt sei, daß der Mann von Sinnen sein müsse; er habe in seinen Reden nicht Hand noch Fuß erkannt und ihn an einen anderen Jesuiten zur Beichte verwiesen, um ihn loszuwerden.«

»Aha, weil er toll war, war er nicht gefährlich! Eine seltsame Beweisführung!«

»So schien es auch das Gericht zu sehen.«

»Ihr meint also, das Parlament wird die Verbannung der Jesuiten beschließen?«

»Ich glaube, ja, mein Miroul, und ich wäre darüber unendlich froh, denn je mehr ich diese Leute studiere, desto unheimlicher erscheinen sie mir. In ihren Schulen säen sie weiter das Korn des Königsmordes und warten geduldig, daß die Saat aufgeht.«

»Moussu, was habt Ihr?«

»Ach, Miroul! Seit Monsieur de Rosny mich auf diesen Weg geschickt hat, erwache ich fast jede Nacht in Schweiß gebadet, und das Herz klopft mir wie wild. Ich sehe, wie ich dich sehe, einen neuen Clément oder Barrière auf den König einstechen und das Königreich aufs neue in einem Meer aus Massakern und Bürgerkrieg versinken, aus dem wir doch nach einem halben Jahrhundert gerade erst auftauchen.«

»Der Gedanke bewegt auch mich«, sagte Miroul, den Kopf gesenkt. »Ist es nicht sonderbar, wie sehr Wohlergehen und Glück eines großen Volkes am Leben eines Mannes hängen, das so gefährdet ist und dessen Faden ein Messer zerschneiden kann?«

Der Gerichtsprozeß hatte mich zwei volle Tage von meiner lieben Herzogin ferngehalten, und sowie die Richter in die Beratung gingen, eilte ich zu ihrem kleinen Kabinett und staunte, daß sie mich, wie jedesmal, von Kopf bis Fuß in ihre schönsten Gewänder gewandet und mit ihrem schönsten Schmuck geschmückt erwartete, denn es war ja klar, daß sie sich nur angekleidet hatte, damit ich sie auskleide. Doch glaube ich, daß sie jede Phase dieser Gewohnheit liebte: das Ankleiden und Erscheinen vor meinen geblendeten Augen ebensosehr wie das Auskleiden.

»Ach, mein Pierre«, sagte sie mit der reizendsten Schmollmiene, während ich ihr also als Kammerzofe diente, »Ihr vernachlässigt mich! Zwei Tage! Zwei lange Tage, ohne daß Ihr mich besuchtet! Noch ein Tag mehr, und ich hätte Euch vergessen!«

»Das glaube ich nicht, Liebste.«

»Sehe sich einer den Prahlhans an!« sagte sie, indem sie mir einen kleinen Nasenstüber gab.

»Liebste, ich prahle nicht. Ich beurteile Euer Herz nur nach dem meinen.«

»Ah! Das ist einmal nett!« sagte sie lachend. »Trotzdem, zwei Tage zogt Ihr mir die Gesellschaft dieser dickbäuchigen Richter vor.



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